Kolumne am 21. März 2019 im Brugger General-Anzeiger:


Das Tor

Wir gehen alle durch das Grosse Tor

heute
morgen
übermorgen.

Wer weiss das schon?

Und wer weiss, was hinter dem Tor auf uns wartet? Könnten wir das Tor selbst sehen, könnten wir vielleicht einen Blick dahinter tun. Aber so bleibt uns alles verborgen, bis die Zeit gekommen ist hindurchzugehen. Ist es überhaupt für alle Menschen das gleiche Tor, oder gibt es, wie viele Menschen glauben, eines für die „Guten“ und eines für die „Schlechten“?

Das Tor in eine „andere“ Welt, das kennen wir schon aus den Märchen. Auch dort bedeutet es eine wichtige Veränderung – meist zum besseren.

Können wir darauf hoffen, dass uns der Schritt durch das Grosse Tor auch zum Besseren führt?

Irdische Tore geben manchmal den Blick auf das Dahinterliegende, das Neue frei und laden deshalb ein hindurchzugehen.

Das Tor einer Stadt zu durchschreiten, war früher zwar mit einer vorherigen gründlichen Kontrolle verbunden. Nicht jeder oder jede durfte es durchschreiten. Es war ein Obulus zu entrichten. Und selbst dann wurde gewissen Menschen der Durchgang verwehrt. Sie mussten vor dem Tor bleiben. War man aber hinter dem Tor, so bot es Schutz und Sicherheit.

Die Stadttore haben ihre Bedeutung verloren. Heute leben viele Menschen vor den Toren. Aber sie haben ihre eigenen Tore gebaut: die Tore zu ihren Gärten, zu ihrem Haus. Und auch diese Tore darf nicht jedermann durchschreiten. Wer sie durchschreitet, bestimmt der „Torwärter“, der Besitzer.

Tore grenzen also aus – die Bösen, die Fremden, die Armen. Aber sie schützen auch, und – sie bergen manchmal ein Geheimnis.

Auch ich besitze ein Tor, ein Tor zu meinem Haus,

ein Tor zu meinem Herzen. Nicht jeden lasse ich eintreten. Aber ich will es mit Rosen schmücken!